Heft 18

SAMMLER-EXPRESS

1951

Dr. Zempel

Und wieder Randleisten


W ohl jeder Sammler kennt die Strichel-Randleisten auf den Plattendrucken der Deutschen Reichs- und späteren Staatsdruckerei, die den Zweck hatten, in der Druckform die äußeren Markenreihen vor Beschädigung zu schützen. Sie treten erstmalig bei der Germania-Ausgabe von 1902 auf und können bis zu der endgültigen Ausgabe von 1947/48 mit den sinnbildlichen Darstellungen verfolgt werden. Randstücke mit und ohne solche Leisten sind immer beliebte Sammelgebiete einiger Sammler gewesen, sie sind es ganz besonders bei den Ober- und Unterrandstücken der Hochinflation, wo das Nichtvorhandensein oder das Vorhandensein oder die Deformation der Leiste zu einem dünnen Strich ja Anlaß zur Unterscheidung von A-, B- und C-Platten gegeben hat.

Bekannt sind auch die Reklameleisten einiger Plattendruckausgaben, die, mit den Inflationsausgaben beginnend, bis zu der Reichsadler-Serie von 1924 in Gebrauch waren. Sie vertraten drucktechnisch an ihrer Stelle in der Druckform den Zweck der Strichelleisten, warben überdies für eine Briefmarken-Großhandlung und für Automobil-Werkstätten. Auch die Rekla-meleLsten, entweder in ganzen Streifen oder für bescheidenere Gemüter in rechten oberen Eckrandstücken, haben sich viele Freunde erworben. Wer sich über diese Arten von Randleisten genauer informieren will, sei auf die Studien von Alfred Metzner verwiesen.

In diesem Zusammenhang sollen auch die Zierleisten auf vielen Kleinbögen nicht unerwähnt bleiben, wenn auch ihre Verwendung hier nicht drucktechnisch bedingt ist, s-ondern ästhetische Gründe zur Voraussetzung hat.

Mit der Ausgabe der ersten und gültigen Schalterserie für unsere Deutsche Demokratische Republik mit den Kopf-bildnissen fortschrittlicher Persönlichkeiten, gedruckt im Plattendruckverfahren von der Deutschen Wertzeichendruckerei in Leipzig, tritt nun eine neue Art von Randleisten auf, die sich in den bisherigen Rahmen nicht so einfach einordnen läßt, für deren Verwendung also wohl noch andere Gründe bestimmend gewesen sein müssen, als die oben aufgezeigten. Sollten es nämlich Schutzleisten sein, so wäre nicht einzusehen, warum sie an den Seitenrändern — von denen soll vorerst nur die Rede sein — der Schalterbögen zu 50, 80 und 84 Pf nie anzutreffen waren, warum sie bei den Werten zu 10, 15 und 16 Pf nur in Teilstücken am oberen oder unteren Bogenrand angebracht wurden, warum die Werte zu 20 und 25 Pf beiderseitig Leisten in verschiedenen Farben tragen, und warum die Seitenrandleisten bei den späteren Auflagen überhaupt weggelassen wurden. Die Tatsache, daß die weniger gebräuchlichen Schalterbögen mit den Werten zu 2, 6, 20, 25 Pf mit Randleisten in anderer als der Markenfarbe vorliegen, läßt doch darauf schließen, daß

Seitenrandleisten

(Tabelle 2)

c_ (U

Ll

L II

L III

L IV

L VI

L VII




links

rechts

links

rechts

links

rechts

links

rechts

links

rechts

links

rechts




F

L

F

L

F

L

F

L

F

L

F

L

F

L

F

L

F

L

F | L

F

L

F

L


| 1


1
















00





2

2

10

12

10















2

oo









1




O










oo


oo


6


(1

6



bO

?



b

ü









U

10

12

10

b

ü

b

u

















00









8















• 8

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10


10













10









10

oo

1U

00















1






0

















12

12

?





12

ü



























00


oo


8











15









15

1

10

l

15

oo





















10


10






















15

oo

Ib

oo























00


oo













16









Ib

1

Ib

t























10
























16

~CQ

















t


1





















20

20

10

40



























1


1










oo


00





24





24

1U

24

10









24

1U

24

1U







1


1





















25

25

10

30























1























30

30

























l























40

40

10

























i























60

50























Anin. : F = Farbe der Leiste, die Zahl gibt die (Farbe des entsprechenden Wertes an; L = Länge der Leiste

Reihe l — 10,

-=r = Oberrand bis Unterrand,

= durchgehend.

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sammler-express

tieft i§

sie in der Druckform mit den der andersfarbigen Leiste entsprechenden Werten in einem Druckgang auf einer Maschine mit geteiltem Farbwerk hergestellt wurden. Da aber auch Bogen mit Oberrandleisten in anderer als der Markenfarbe vorliegen (2, 16, 2p, 24, 50 Pf), wären wohl sogar mehrfarbige Drucke in einer Form anzunehmen. Aile diese Fragen zu klären, müssen wir vorerst Experten auf dem

Reihe 10 mit Ausnahme des gan?: durchgehenden Ba'kens am rechten Rande des 2-Pf-Wertes. Eine Uebersicht über Aussehen, Vorkommen, ungefähre Länge und Farbe der bisher gefundenen Seitenrandleisten gibt Tabelle 2.

Da.s für die Leisten verwendete Material scheint keine Sonderanfertigung für den besonderen Zweck gewesen zu sein. Die

Oberrandleisten

(Tabelle 3)

t

0)

L II

L III

LV

L VI




F

Br

F

Br

F

Br

F

Br

2





10

1,7—10,19








16

0,8— ?



6

6

0,3-11,2







10

10

1—11,10







16

16

1,2-11,5

6

0,1 -10,15

16

0,4—10,15






6

1,16- ?

16

0,4-10,8



20

6

0,5- ?







24





2

0,3- ?



40







40

0,6—11.3

50





10

0,9—11,2

50

1,1— 00






10

1,5—10,18

50

0,8-11,2

80



80

7 -11,3

80

0,3—11,2



Anm.: F = Farbe des durch die Wertzahl bezeichneten Markenwertes; Br = Anfang und Ende. Die Dezimalzahl hinter der 0 gibt die mm vor der ersten Zähnungsreihe an, sonst die hinter der entsprechenden Zähnungsreihe.

Gebiet der Drucktechnik überlassen. Meiden wir also mehr oder weniger vage Vermutungen, und beschränken wir uns auf die Beschreibung der objektiven Befunde.

Ueber das Aussehen der Seitenrandleisten orientiert Abb. 1. Leisten I—V zeigen Linienornamente, Leiste VII einen Balken und Leiste VII eine auf beiden Seitenrändern der 6-Pf-Markenbogen nur von Reihe 6 bis zum Unterrand vorkommende DoppeUeiste, von der die untere in der Farbe der 6-Pf-Marke nur von Reihe 6 bis zum Unterrand vorhanden ist, die obere in der Farbe der 12-Pf-Marke aber noch als einfacher Balken bis zum oberen Rand durchgeht, unten jedoch kurz vor der letzten Zähnungsreihe aufhört. Leiste V ist auf Seitenrändern bisher nicht gefunden worden, dafür um so häufiger auf Ober- und Unterrändern. In bezug auf Verwendung ist Leiste IV die seltenste, sie erscheint als durchgehende Leiste nur auf rechten Seitenrändern der 8-Pf-Marke; der Papierrand ist auf diesen Bogen meist so breit ausgefallen, daß regelrechte Leerfelder entstanden sind. Sie ist dann nur noch auf Bogen der 15-Pf-Marke anzutreffen, am linken Rande von Reihe 8 bis zum unteren Ende des Bogens.

Zwar sind die Seitenrandleisten in der Regel angeschnitten, zumindest ,,leicht berührt", eine peinliche Angelegenheit, wie Philatelisten ja euphemistisch auszudrücken pflegen.

Recht selten vorkommende oder wenigstens teilweise unverletzte Leisten lassen erkennen, daß ihre durchschnittliche Breite um 10 mm schwankt! die häufiger unbeschädigt zu findenden Balkenleisten sind ungefähr 5 mm breit. In ihrer Länge sind die ganzrandigen Ornamentleisten bei den verschiedenen Werten zwar uneinheitlich, obgleich sie alle auf Reihe l beginnen und mit Reihe 10 enden, einheitlich sind sie jedoch in ihrer Länge bei den Einzelwerten, was wohl auf eine einheitliche Druckauflage schließen läßt. Die Balkenleisten aber beginnen alle am oberen Bogenrand und reichen bif

Ornamentleisten werden kaum dem Ziermaterial, eher schon die Balkenleisten dem Linienmaterial der Druckerei entstammen. Der Not der Zeit gehorchend, hat man anscheinend von gerade zur Verfügung stehenden und nicht mehr benötigten Untergrunddruckplatten passende Streifen abgetrennt, entweder in der Längs- oder in der Breitenrichtung, wie ein Vergleich von Leiste II und III zeigt. Beide weisen ja das gleiche Linienmuster auf, nur um 90 Grad gegeneinander gedreht. Für diese Annahme spricht besonders auch die seltsame untere Leiste VII, die wohl ein Streifen von einer alten Platte zum Druck von irgendwelchen Etiketten oder sonst dergleichen mit Zierleiste stammen mag. Dafür zeugt insbesondere auch eine Unterrandleiste auf Bogen der 10-Pf-Marke, die von Reihe 2 bis 5 aus Linienmuster III und von

Reihe 6 ab aus dem von I besteht. Wie bereits gesagt, lassen die zeitlich meist später auftretenden Balkenleisten bereits auf drucktechnisches Gebrauchsmaterial schließen.

Während die Seitenrandleisten wohl mehr oder weniger offiziell auftreten, verdanken die Ober- und Unterrandleisten ihr Dasein auf einzelnen Schalterbogen allein dem Zufall, d. h. in diesem Fall nicht ganz korrekter Lage der Bogenstapel in der Beschneidemaschine. Offiziell sollten sie auf den Schalterbogen wohl gar nicht vorhanden sein, sondern in den Abfall kommen. Da sie nun aber nolens volens auf einzelnen Schalterbogen zu finden sind, müssen wir sie auch pflichtgemäß registrieren, selbst wenn sie oft nur ein rudimentäres Dasein führen, so daß es schwer hält, sie einem bestimmten Linienmuster zuzuordnen, ja, bei nicht ganz winkelrechtem Schnitt sind sie kümmerlich nur am rechten oder linken Bogenrand erhalten geblieben, geben immerhin aber durch ihre Farbe Auskunft über ihre jeweiligen „Leidensgenossen" in der Druckform. (Ueber aUe Einzelheiten unterrichten die Tabellen 3 und 4.) Doch auch ganze Leisten sind ein seltenes Mal sozusagen schwarz über die Beschneidegrenze gegangen und lassen erkennen, daß Ober- und Unterrandleisten schmaler gehalten werden. Die hier gemessenen Ornamentleisten sind 5 mm, die Balkenleisten 3 mm breit. Muster IV ist bisher weder am Ober- noch am Unterrand gefunden worden, ebenso nicht Doppelleiste VII, dagegen tritt hier erstmalig Leiste V auf. Als Oberrandleiste ist bisher auch nicht Muster I gefunden worden. Die gestückelte aber deswegen nicht weniger interessante Unterrandleiste einiger 10-Pf-Bogen wurde bereits erwähnt.

Sicherlich sind die beigefügten Tabellen noch unvollständig, einmal, da die Ausgabe noch im Erscheinen ist und jeder Tag noch neue Möglichkeiten bringen kann, zum anderen, da es einem einzelnen Sammler solcher Kuriositäten, wie das viele wohl bezeichnen werden, unmöglich ist, das Gesamtgebiet zu überschauen. Aber da einer ja mal den Anfang machen muß, sei dieser Versuch gewagt und das Risiko in Kauf genommen, von besseren Kennern der Sachlage belehrt zu werden.

Unterrandleisten

(Tabelle 4)

0>

Ll

L II

L III

LV

L VI




F

Br

F

Br

F

Br

F

Br

F

Br

6



6

0,1—10,17



6

1,15-11,6










6

1,3-10,19



8

8

? —11,1









10

10

6,1 - ?



10

2,4-5,18





12

12

? —10,19









16

16

1 — ?





16

0,6—10,13










16

0,3-11,1



20

20

1 — ?









24





24

7 — 7





30

30

7-7









40









40

1,14- oo

60





60

1,7-11,1

60

0,7-10,17



80

80

0,8- ?





80

0,2- 11




80

00—?





80

1,1- ?



84

84

1 - ?










84

1,11-10,15









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