Zempel, se 1951 Heft 21 Seite 332

Heft 21

SAMMLER-EXPRESS

1951

Kleinigkeiten — aber konstant




Wer Druckzufälligkeiten sammelt, wird davon bei jeder Ausgabe eine ganze Menge finden. Er braucht nur eine Lupe und ein wenig Phantasie.

Mögen solche Funde auch noch so ausgefallen sein, sie bleiben trotzdem nur Zufallserscheiriungen, die mal hier, mal dort im Bogen auftauchen, die aber nichts weiter zu sagen haben, a'.s daß die Platte verschmutzt war, oder daß der letzte Rest des individuellen Daseins eines Farb- oder anderen Körnchens unter der Druckwalze zerquetscht wurde, oder daß sich gar ein müdes Staubkörnchen ein philatelistisches Denkmal gesetzt hat. Ein charakteristisches Merkmal irgendeiner Marke sind sie nicht.

Anders ist es mit den Plattenfehlern, die während der Drucklegung einer Auflage durch Abnutzung der Platte oder mechanische Beschädigung entstehen. Man kann oft die Ausbreitung des Fehlers verfolgen. Er erscheint immer an der gleichen Stelle eines bestimmten Markenbogens, bis ihn überprüfende Augen entdecken — manchmal auch nicht — und ihn beseitigen. Als Beispiel für viele mag Deutsches Reich auf dem 3-Pfennig-Wert der Ausgabe von 1902 gelten.

Von den zahlreichen sogenannten Plattenfehlern mit philatelistischer Hilfestellung verschiedener Nachkriegsausgaben wollen wir lieber schweigen, da sie weniger mechanischen Fehlern der Platte als vielmehr moralischen Fehlern ihrer Initiatoren ihr Dasein verdanken. Auch die Kataloge sollten solchen aufgelegten Schwindel übergehen und seinen ungeistigen Vätern weiter keinen Vorschub leisten. Nach philatelistischer Terminologie verdienen sie nicht einmal die Bezeichnung Plattenfehler, da sie nicht während des Druckes entstanden, sondern bereits vor der Drucklegung bewußt, um des lieben Geschäfts willen, in die Platte gebracht wurden. Das macht sie anrüchig, und das unterscheidet sie wesentlich von

der dritten Gruppe von Abarten einer Marke, den Typenvarianten, für die der allgemein bekannte Bruch im Korbdeckelmuster der Rosettenausgabe, das offene D und der Aufstrich am K von Karl Marx der 15-Pfennig-Marke von Rheinland-Pfalz Beispiele sein mögen.

Gleich den Auch-Plattenfehlern müssen die Typenvarianten ihren philatelistischen Stammbaum bis auf die Klischeeherstellung zurückführen können. Ihnen darf aber weiter keine sammlerbeglückende Absicht zugrunde liegen, es sei denn, wie manchmal bei älteren Marken, irgendeine Funktion als verstecktes Geheimoder unscheinbares Stecherzeichen zum Schutz gegen Fälschungen. Die Abweichungen in den Zeichnungen des Markenbildes müssen konstant bezüglich Stellung im Bogen und Dauer der Ausgabe sein.

Und da sie meist recht geringfügig sind, entgehen sie oft der Kontrolle, selten aber einem Sammler.

Auch bei der laufenden Schalterserie finden wir Typenvarianten. Die auffälligste ist wohl die „dicke 2". Sie ist auf Bogen der ersten beiden Auflagen des 2-Pfennig-Wertes zu finden, gedruckt auf dem bräunlichweißen Papier, das bläulich quarzt, und dem grauweißen Papier, das im UV-Licht dunkelgrau erscheint. Ihre Stellung im Schalterbogen kann leider nicht mehr ausgemacht werden. Anscheinend war sie auf großen Bogenteilen, wenn nicht gar ganzen Bogen, anzutreffen. Daneben hat es auch andere Schalterbogen mit der normalen 2 gegeben. Trotzdem die Unterschiede doch recht auffallend sind — für Sammler wenigstens — scheint sie unbeobachtet im Verkehr aufgebraucht und daher als ungebrauchte Marke schon recht selten zu sein, wie Umfragen ergeben haben.

Unscheinbar, aber nicht weniger charakteristisch sind die folgenden Varianten: die fehlende Locke neben dem Ohr von Gerhart Hauptmann ist auf jeder 41., 46., 91. und 96. 6-Pfennig-Marke aller Bogen und aller bisherigen Auflagen anzutreffen. Die 40-Pfennig-Marke mit dem gleichen Bild weist dieses Merkmal nicht auf. Mit der gleichen Regelmäßigkeit sieht man auf der 1., 6., 51. und 56. Marke des 30-Pfennig-Wertes mit dem Bild von Friedrich Engels die leicht veränderte Frisur, allerdings erst von der letzten Ausgabe ab, gedruckt auf rein weißem Papier mit dem blutroten, bräunlich quarzenden Farbton. Nur einmal im Bogen, dafür aber bei allen bisherigen Auflagen, und zwar als 1. Marke zu finden, ist die abstehende Haarsträhne am Hinterkopf von Virchow beim 25-Pfennig-Wert.

Wie gesagt: Kleinigkeiten — aber konstant. Wer sich dafür interessiert, weiß nun, wo er sie findet. Er bekommt sie jetzt noch, die „dicke 2" ausgenommen, zum Selbstkostenpreis an den Schaltern der Post. Dr. Zempel

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